2016 - 2020

Tübingen
Baugemeinschaft Scheune
Umbau der denkmalgeschützten Zehntscheuer in Tübingen-Derendingen


Die 1500 erbaute ehemalige Zehntscheuer bildet zusammen mit der spätgotischen Galluskirche, dem ehemaligen Dorfschulhaus und dem Wasch- / Backhaus den Ortskern von Derendingen. Dieses ursprüngliche Straßendorf mit vielfältigen historischen Wurzeln ist heute Teil der Universitätsstadt Tübingen.
Eine Gruppe von drei Familien erwarb das Gebäude und ließ sich auf das Wagnis einer Baugemeinschaft in einem Kulturdenkmal ein. Es entstanden zwei Familienwohnungen, eine vermietete kleine Wohnung und Räume für unser Büro.
Bei der grundlegenden Umnutzung der Scheune, die keine nennenswerten Veränderungen im 20. Jahrhundert erfahren hatte, war der überlieferte Bestand die entscheidende Leitschnur. Dabei ging es neben dem Erhalt der  Substanz des bauzeitlich Eichenfachwerks (inkl. seiner diversen historischen Reparaturen) genauso um die Erlebbarkeit der alten Raumwirkung.
Die spiegelsymmetrischen Tennen sind mit ihrer Höhe in den Wohnhallen erhalten und die ehemaligen Scheunentore erlauben eine großzügige Belichtung.
Im Büro und den Dachräumen der Wohnungen erkennt man, dank einer Aufsparrendämmung, den großzügigen Lagerraum unter dem historischen Dachstuhl. Die Dachfensterbänder, die  über den erhaltenen Sparren durchlaufen, geben zu erkennen, dass das Gebäude nachweisbar nie Dachgauben hatte.
Das Sichtfachwerk bleibt durch einen kapillar aktiven Innendämmputz und eine angepasster Baukonstruktion im Ortsbild sichtbar. Neue Fassadenöffnungen sind zurückhaltend in rechteckige Gefache eingefügt. Die Sonderkonstruktion der Fenster liegt versteckt hinter den Balken in der Dämmputzebene.
Unter den gegebenen Randbedingungen wurde energetisch ein KFW-Denkmal-Niveau erreicht. Grundlage waren die denkmalpflegerisch und baukonstruktiv intensiv abgestimmten Maßnahmen wie eine Dach- und Bodenplattendämmung in Neubauqualität, eine bauphysikalisch maximierte Innendämmung, hochgedämmte 3-Scheiben-Wärmeschutzfenster, eine kontrollierte Belüftung und eine Flächenheizung mit niedrigem Vorlauf und Vorrichtung zum Anschluss an zukünftige Fernwärme.
Ergänzend sind der Erhalt der grauen Energie der erhaltenen Konstruktion und die intensive Verwendung von neuem Holz zu beachten.
An heißen Sommertagen gewährleistet eine Nachtlüftung, auf Basis von thermischer Höhenunterschiede, ein sehr angenehmes Raumklima.
Es wäre wünschens wert, wenn diese Sanierung Anregung zur Umnutzung anderer Scheunen ist, anstatt diese durch ortsbildzerstörende Neubauten zu ersetzen, was zu oft geschieht.

Planung und Ausführung
2016-2020
Bauherr
Baugemeinschaft Scheune
Mitarbeit
Anja Reinhardt, Sabrina Münzer
Bauleitung
mit Verena Klar, Freie Architektin
www.klar-architektur.de
Tragwerk
Ingenieurbüro Mildner
www.ib-mildner.de
Abdichtung Sockelmauerwerk
Dr. Ulrike Henes-Klaiber
Energieberatung
Friedrich Rau
www.archi-sign.de
Fliesengestaltung Wohnung Süd
Katja Manderscheid
Fotos

Johannes-Maria Schlorke
www.j-ms.de

Auszeichnungen
2023
Hugo-Häring-Auszeichnung 2023, BDA
2023
DAS GOLDENE HAUS, Endrunde
2022
3. Preis beim Heinze ArchitekturAWARD 2022
2022
Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg 2022
engere Wahl

© Architekturbüro Manderscheid